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Interview Luigi Di Cola

«Wir haben aufgerüstet und sind mehr als bereit, um die Energiewende mitzutragen»

Energie nachhaltig zu gewinnen, lohnt sich nicht nur für den Eigenverbrauch, sondern auch für Liegenschaften und ganze Siedlungen. Wie Fernwärme dabei zum Gamechanger wird, wenn es um die Klimaziele geht, erklärt Luigi Di Cola, CEO von Hoval Schweiz.
Luigi Di Cola, CEO von Hoval Schweiz, vor der 2-Megawatt-Kopfstation an der Zeughausstrasse 11 in Zürich – das Fernwärmeprojekt wurde zusammen mit Energie 360° realisiert.
 

Herr Di Cola, die Schweiz befindet sich mitten in der Energiewende, und als Marktführer für Heizungslösungen ist Hoval wohl ein wichtiger Treiber. Wie genau wollen Sie die Erreichung der Klimaziele fördern?

Luigi Di Cola: Viele Gebäude in der Schweiz müssen in den kommenden Jahren sukzessiv saniert werden, denn aktuell sind diese noch für mehr als die Hälfte des landesweiten CO2-Ausstosses verantwortlich. Vor allem Öl- und Gasheizungen sollen durch erneuerbare Systeme ersetzt werden. Nebst der Solarthermie sind vor allem Wärmepumpen und Fernwärmeverbunde unsere Standbeine. Hier liefert Hoval nicht nur Produkte, sondern auch Lösungen. Wir haben viel Know-how gesammelt über die letzten Jahrzehnte, das wir als Erfahrung in die Umsetzung von Fernwärmegebiete mit einbringen können.

Was genau ist unter Fernwärme zu verstehen?

Das Prinzip der Fernwärme funktioniert so, dass man Abwärme von Produktionsstätten wie etwa von Abfallverbrennungsanlagen nutzen kann, um diese auf umliegende Gebäude zu verteilen. So kann Energie, die sowieso produziert wird und sonst an die Umwelt abgegeben würde, gleich mitgenutzt werden. Diese Verbunde sind dann sogenannte vernetzte Heizsysteme.

Wie sieht eine solche Wärmeverteilung konkret aus?

Ein Beispiel der effizienten Wärmeverteilung über Gemeinschaftsanschlüsse ist ein Projekt, das wir mit Energie 360° realisieren durften. An der Zeughausstrasse 11 in Zürich haben wir eine 2-Megawatt-Kopfstation geliefert. Um diese Anlage zu betreiben, ist nur ein Anschluss an das Fernwärmenetz nötig. Die Kopfstation verteilt die Wärme dann auf die umliegenden Liegenschaften, etwa auf die Bürogebäude von Google und weitere.

Warum ist es gerade jetzt so wichtig, in alternative Systeme wie Wärmepumpen oder Fernwärme zu investieren?

Wir haben immer mehr umweltfreundliche Alternativen und doch wird noch zu wenig gemacht, obwohl jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, um umzurüsten. Der Gebäudepark Schweiz hätte ursprünglich bis 2038 CO2-neutral sein sollen, doch dieses Ziel wird immer weiter nach hinten geschoben. Heute sprechen wir von rund 600 000 fossilen Anlagen, die noch installiert sind und möglichst bald ersetzt werden sollten. Bei der aktuellen Austauschrate von 30 000 bis 45 000 Anlagen pro Jahr wird es vermutlich bis 2045 dauern.

Wie kommt es, dass wir trotz Dringlichkeit so langsam voranschreiten mit der Energiewende?

Es gibt viele Hindernisse wie uneinheitliche Strompreistarife, die je nach Gemeinde anders sind. Gleichzeitig gibt es viele Schlupflöcher: Kunden tauschen ihre fossilen Anlagen häufig durch neue fossile Anlagen aus, anstatt auf alternative Lösungen umzusteigen. Hinzu kommt, dass die Fördergelder kontinuierlich gekürzt werden, was Subventionen erschwert.
Vom Vorantreiben der Dekarbonisierung der fossilen Wärmeerzeuger hängt unsere Zukunft ab.

Lohnt sich eine Wärmepumpe trotzdem noch als Investition?

Für Einfamilienhäuser ganz klar, gerade in Kombination mit einer Photovoltaikanlage. Für die Wärmepumpe steht damit günstiger Eigenstrom zur Verfügung, um die Wärme für die Heizung und das Warmwasser zu produzieren. Idealerweise wird das System mit einer Speicherbatterie ergänzt, die den tagsüber produzierten Strom speichert, und ihn abends und nachts für die Wärmepumpe, den Haushaltsstrom oder das Aufladen des Elektroautos wieder verfügbar macht.

Und bei Mehrfamilienhäusern?

Hier sehe ich immer häufiger sinn-volle Hybridlösungen, zum Beispiel eine Wärmepumpe und einen biogasbetriebenen Gaskessel. Hier wäre auch der Anschluss an einen Fernwärmeverbund attraktiv, womit pro Mehrfamilienhaus eine Vielzahl an Wohnungen beheizt werden kann. Das wird in Zukunft immer interessanter, weil sich mehr und mehr Cluster-Wohnformen bilden. Der Vorteil hier liegt darin, dass die Endkunden keine hohen Investitionen tätigen müssen. Die Gemeinden bauen die Infrastruktur und die Nutzer zahlen nur für die Wärme, die sie beziehen.

Wie können Fernwärmeverbunde effizient gesteuert werden?

Mit unserer «Supervisor cloud» bieten wir eine Technologie an, die das Netz überwacht und Fehlleistungen erkennt, bevor diese auftreten. Die Fernsteuerung macht es möglich, Probleme remote zu lösen. Diese Software ist ein echter Gamechanger und hilft Gemeinden und Energieversorgern, Fernwärmenetze möglichst effizient zu betreiben.

Die Technologie wurde von Hoval entwickelt. Inwiefern heben sich Ihre Lösungen von konkurrierenden Produkten ab?

Der Vorteil bei Hoval: Wir liefern alles aus einer Hand. Im Bereich Fernwärme stellen wir bei einem Fernwärmeverbund neben der Leittechnik mit der «Supervisor cloud» auch den fixfertig konfigurierten und programmierten Schaltschrank bereit, wie auch die Übergabestationen. Diese werden kundenspezifisch gefertigt im Hoval-eigenen Werk in Deutschland. Ausserdem liefern wir Containerlösungen, die als temporäre Energiezentrale fungieren, bis das Wärmenetz in Betrieb ist. Wir bauen ganzheitliche Heizzentralen, zum Beispiel in Wiedlisbach im Kanton Bern: Hier wird für die Wärmegewinnung das Holz aus dem regionalen Wald verwendet und die Abwärme aus der Verbrennung wieder eingespeist. Zudem wird auch kostenlose Solarthermie für die Wärmeerzeugung genutzt.

Innovationen vorantreiben, den Markt strategisch bedienen, Mitarbeitende führen – welches sind Ihre grössten Herausforderungen als Chef von Hoval Schweiz?

Die letzten Jahre waren extrem dynamisch. Das hat angefangen mit massiven Logistikkettenstörungen, langen Lieferfristen und Kunden, die dringend ihre Gebäude beheizen mussten. Meine Hauptaufgabe war es, zu motivieren. Kurz darauf kühlte der Markt etwas ab. Doch zum Glück kann ich auf ein kompetentes Team zählen, das von Feldmeilen aus beratend zur Seite steht und einen tollen Job macht.

Und was ist Ihre Vision für die Zukunft?

Mein Wunsch wäre eine klare Entwicklungsstrategie des Bundes im Bezug auf den Bereich Energie, der dieselben Regelungen festlegt für alle Kantone. Dann würden wir sehen, wo wir auf Kurs sind und was konkret wo zu machen ist. Optimalerweise würde das zu einer stabilen Marktlage führen. Das würde ich mir insbesondere als Geschäftsführer wünschen, um eine Planbarkeit bezüglich Personal und strategischer Marktentwicklung zu haben. Wir haben als Hersteller wahnsinnig viel investiert, Kapazitäten ausgebaut und aufgerüstet für die Energiewende, weshalb wir mehr als bereit sind, diese mitzutragen und umzusetzen. Als Privatmensch wünsche ich mir vor allem, dass wir die Dekarbonisierung der fossilen Wärmeerzeuger vorantreiben – davon hängt unsere Zukunft ab.

Hoval Schweiz

Die Hoval Gruppe mit Sitz in Liechtenstein zählt international zu den führenden Unternehmen für Heiz- und Raumklimalösungen. Seit 75 Jahren bietet der Pionier in Sachen nachhaltiger Wärmeversorgung mit rund 2500 Mitarbeitenden Lösungen an, die den Energiemarkt revolutionieren. Seine Produkte werden heute in über 50 Länder exportiert. Hoval Schweiz ist eine von 15 Tochtergesellschaften und als solche ein Komplettanbieter mit Systemkompetenz in den Bereichen Heizen, Kühlen und Lüften, der alles aus einer Hand liefert.

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