Rezyklieren statt wegwerfen: Der FC La Chaux-de-Fonds als Trikotpionier
Fussball-Jerseys weltweit werden nach einer gewissen Zeit zur Belastung für die Umwelt. Der Neuenburger 1.-Liga-Classic-Verein leistet nun einen grossen Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Im Normalfall beträgt die Halbwertszeit eine Saison. Falls es anschliessend für einmal keine Veränderungen im Sponsorenportfolio gibt, vielleicht deren zwei. Spätestens dann haben die Matchtrikots meistens ausgedient, in vielen Fällen wandern sie anschliessend direkt in den Abfall und werden ersetzt. Wenn man von je einem Satz Heim- und Auswärtstrikots ausgeht, kommen so pro Team locker 40 Shirts zusammen.
Fussball-Jerseys sind damit ein kleiner Teil der Textilindustrie, die für rund 10 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich zeichnet. Und damit automatisch mitverantwortlich für die fragliche langfristige Zukunft des Planeten Erde ist.
Daniele Raffaele bereitete diese Tatsache Sorgen. Der Präsident des FC La Chaux-de-Fonds und Vater zweier Kinder fragte sich, ob man etwas gegen diesen unnötigen Verschleiss tun könne und somit auch etwas für die kommenden Generationen. So kam ihm die Idee von Fussballdresses aus rezyklierbarem Material.
Gedacht, getan: Seit dieser Saison spielt das Fanionteam des 1894 gegründeten Traditionsvereins in diesen Leibchen. Es besteht zu 85 Prozent aus rezykliertem Polyester und zu 15 Prozent aus Elastan. Wenn die Shirts nach Gebrauch rezykliert werden, entsteht Rohmaterial für wiederum neue Leibchen.
Mehr als zwei Jahre seien vom ersten Gedanken bis zur Umsetzung der revolutionären Idee vergangen, sagt Raffaele. «Wir mussten die richtigen Partner finden und dann auch noch ausführliche Tests machen.» Es dauerte eine Weile, bis die Shirts so weit gediehen waren, dass sie den Anforderungen des Fussballs standhielten.
Es entstehen kaum Mehrkosten
Die Neuenburger arbeiten eng mit einem Sportgeschäft in Colombier (Tosalli Sports) und der Firma Pielle in Italien zusammen, die auf solche Materialien spezialisiert ist. Auch der Preis habe eine Rolle gespielt, damit die Idee schliesslich realisiert werden konnte, sagt Raffaele. «Die Shirts waren kaum teurer als herkömmliche. Das ist wichtig, auch für andere Vereine, denn wir haben ja alle kaum Geld. Eine Verdopplung der Kosten hätten wir uns nicht erlauben können.»
Irgendwann sollen alle unsere Teams in solchen Materialien auflaufen, und zwar komplett.
Die Vision: Der ganze Klub spielt in solchen Materialien
Bislang trägt ausschliesslich die erste Mannschaft solche Jerseys, es soll aber nur der Anfang sein. Daniele Raffaele hat eine klare Vision: «Irgendwann sollen alle unsere Teams in solchen Materialien auflaufen, und zwar komplett.» Also auch mit Shorts und Socken aus nachhaltigem Material.
Dass der FC La Chaux-de-Fonds mit dieser Aktion den Klimawandel nicht stoppen, ja nicht einmal verlangsamen kann, ist klar. Schön wäre es, wenn sich aber auch andere und vor allem grössere und einflussreichere Vereine bald ein Umweltschutz-Gewissen zulege und - zum Beispiel - diese Aktion kopieren. Ein positives Beispiel ist in diesem Zusammenhang Juventus Turin. Der italienische Traditionsverein hat bereits 2018 ein Auswärtstrikot getragen, das aus Plastikteilen hergestellt wurde, die in den Ozeanen gelagert hatten.
Beim FC La Chaux-de-Fonds hat sich das veränderte Trikot noch nicht wirklich in besseren Leistungen auf dem Platz niedergeschlagen - der ehemalige Nationalliga-A-Spitzenverein hat von den bisherigen 12 Partien deren fünf gewonnen, zweimal Unentschieden gespielt und fünfmal verloren und belegt den elften Rang. Dennoch ist der Verein an jedem Ort eine Attraktion - dank der gleichermassen modischen wie nachhaltigen Ausrüstung.